Montag, 6. März 2017

Erste Halbzeit

Vor ziemlich genau 6 Monaten landeten wir hier in Hoedspruit. Seit dem hat sich viel getan, wir hatten Zeit uns einzuleben, halbwegs Routine in der Arbeit zu finden und einen kleinen Eindruck der südafrikanischen Kulturen zu bekommen. Dieser Blogbucheintrag soll einen kurzen Überblick über unsere Tätigkeiten in der verstrichenen Zeit geben:


Unser letztes Foto aus Deutschland
Das Hlokomela Projekt ist ein AIDS-Hilfe Projekt. Folglich liegt das Hauptaugenmerk auf dem Gesundheitssektor; das Testen auf AIDS, der Betreuung von Patienten, der Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten, dem Verteilen von Verhütungsmitteln und der Behandlung weiterer Krankheiten der Farmarbeiter der Region um Hoedspruit/Maruleng.

Dr. Gear und sein Team an Phelewana-Nurses
Allerdings ist dies nicht das Aufgabenfeld, dem wir zugeteilt wurden. Wir arbeiten im IGP-Bereich, bei den income generating projects, wie dem Herb-Garden oder dem Second-Hand Shop. Hier sind wir vor allem dabei, das Vorhandene zu verbessern und neue Produkte zu erproben. Vor allem der Second-Hand Shop hat sich in den letzten sechs Monaten gemausert. Wir haben eine neue Verkaufsregalwand angebracht, eine richtige Kasse auf dem Tresen, einen Umkleideraum, eine Abtrennung zwischen dem Verkaufsraum und der Teeküche errichtet, ein neues Verkaufsregal für Pflanzen gezimmert, ein Sonnensegel aufgehängt und einen Haufen an Werbeschildern gemalt.
 
Ein Regal entsteht
Dementsprechend ist auch unser Arbeitstag auf den Second-Hand Shop ausgelegt. Um acht Uhr morgens fahren wir mit unserem "Bakkie" auf den großen Platz vor dem Laden. Mpho, die Verkäuferin des Ladens, ist dann schon da. Wir helfen ihr die Werbeschilder raus zu bringen, die Sonnensegel aufzuhängen und den Laden aufzuräumen.


Dann machen wir uns daran, die Aufgaben für den Tag zu erledigen. Beispielsweise arbeiten wir dann mit Joana, der Näherin, ein Muster für einen Großauftrag an Taschen aus, kümmern ums um die Buchhaltung, bauen und werkeln an unterschiedlichen Möbeln und Regalen oder schreiben Arbeitspläne für den Herb-Garden. Um halb eins ist dann die Mittagspause. Meist essen wir ein selbst gebackenes Bananenbrot mit Erdnussbutter. Nach einer halben Stunde geht es dann weiter. Um halb sechs schließt der Laden wieder. Mit einem der letzten Busse fährt Mpho dann nach Hause und wir mit unserem Auto nach Gracious Living.


Abends vorm Second-Hand Shop: Die meisten Busse sind schon weggefahren und die umliegenden Läden fangen an ihre Waren reinzubringen

Leider ist das Freizeitangebot in Hoedspruit nicht all zu groß. Dennoch gibt es immerhin die Blyde-Gym, in die wir abends, wenn wir dann noch Zeit und Kraft haben, gehen. An den Wochenende sieht das ganze jedoch anders aus. Die Region ist sehr touristisch und lädt somit zu Tagesausflügen zu unterschiedlichen Zielen, wie dem Blyde-River Dam, dem Pick-Nick Spot in den Bergen oder einem extrem guten Milchshake im Giant Baobab Café ein. Glücklicherweise ist die Gegend mit günstigen aber sehr guten Restaurants gesegnet und wir haben es, obwohl wir hier schon ein halbes Jahr sind, nicht geschafft, alle auszutesten.

Erfrischung am Zulauf des Blyde-Flusses
Weil wir in mehrere Projekte gleichzeitig involviert sind gibt es oft Ausbrüche aus diesem Alltag. Um Weihnachten herum fuhren wir beispielsweise mit der Spiegelreflex-Kamera der Organisation zu den vielen unterschiedlichen Projekten von Hlokomela, um Bilder für den Jahresbericht zu sammeln. Wir werden uns wahrscheinlich auch noch lang an den Besuch des südafrikanischen Rapper Kuhli Chana im Herb-Garden im Rahmen einer Fernsehshow erinnern. Zu dieser Zeit hatten wir natürlich noch nichts von ihm gehört und gingen davon aus, dass es sich bei ihm wohl nur um eine lokale Größe handelt. Als wir dann jedoch in Johannesburg ein Plakat von mehreren hundert Quadratmetern an einem Hochhaus sahen, auf dem er für Absolut Vodka warb, stutzen wir doch.

Mentha x piperita: Für nur R 15 für 100g im Herb Garden erhältlich!

Allerdings gab es auch schon in der Vergangenheit viele Sachen, die uns verwirrten und mit denen wir uns erst langsam anfreunden konnten. Der in Deutschland eher unbekannte Mielie-Pap ist in Südafrika eine große Sache. Es handelt sich dabei um einen strahlend weißen und sehr geschmacksneutralen Maisbrei mit der Konsistenz von Knete. Auch neu für uns waren die beiden Wasserhähne am Becken, einer für heißes Wasser und einer für kaltes. Unsere Versuche Südafrikaner zu überzeugen, dass ein Hahn, dessen Wasser man zwischen heiß über warm zu kalt mischen kann sinnvoller sei, stießen auf taube Ohren. Noch größere Anpassungsschwierigkeiten hatten wir jedoch an die "South-African Time". Mit dieser und einem breiten Lächeln wird Zuspätkommen gerechtfertigt. Allerdings wird von uns als Deutschen verlangt, die für uns bekannte Pünktlichkeit an den Tag zu legen. 

Pap ist das weiße rechts hinten auf dem Teller. Dazu gab es rote Beete, Krautsalat,Kürbisbrei, verschiedene Bohnen-Zwiebel Soßen und Hühnchen. Dieses Festessen gab es anlässlich des letzten Tags der Kindergartenkinder in ihrer Creche.

Dennoch haben wir schon ganz gut gelernt damit umzugehen und wenn wir morgens mit einem "Hozzit?" gegrüßt werden können wir schon routiniert mit einem "Lekker 'n you?" antworten. Aber auch sonst haben wir, so hoffen wir zumindest, aus dem riesigen Haufen an neuen Eindrücken schon ordentlich was lernen und vor allem einen neuen Blickwinkel auf alltägliche Sachen bekommen. Neben den Sachen, die man überall im Ausland lernt; Selbstständigkeit, wie man sich mit den Händen verständigt, dass man lieber vorsichtig neuen Gewürzen umgehen sollte und das das Bier hier ein paar zu viele Inhaltsstoffe hat; lernten wir auch sehr viel Süd-Afrika-Spezifisches: Es wurde uns erklärt, warum es besser ist, 5 Arbeiter mit Sicheln anzustellen als einen mit einem Rasenmäher, warum es von Pech zeugt eine schwarze Katze im Haus zu haben oder wie man Mielie Pap zubereiten muss, um ihm wenigstens ein bisschen Geschmack abzugewinnen.


Wir freuen uns auf jeden Fall darauf noch ein weiteres halbes Jahr hier zu verbringen und sind gespannt darauf, was es hier noch zu lernen und zu erleben gibt.


4 Kommentare:

  1. Sehr schön. Danke dafür! Weiterhin viel Spaß! Ihr macht einen super job!

    AntwortenLöschen
  2. Das MIT den 5 arbeitern mit sicheln müsst ihr mir echt erklaeren :D
    Aber hört sich echt alles toll an!

    AntwortenLöschen
  3. Vor ein paar Tagen haben wir 15 (!) Arbeiter mit Macheten gesehen, die einen Tag lang einen kleinen Streifen Wiese am Straßenrand gemäht haben. Ein einzelner Arbeiter mit Freischneider hätte die selbe Fläche schneller und besser mähen können. Trotzdem stellt die Gemeinde für solche Aufgaben sehr viele Arbeiter mit ungeeignetem Werkzeug an, um die recht hohe Arbeitslosenquote von knappen 30% zu senken.

    AntwortenLöschen